Heimathafen Strohhaus
Biohof von Eva und ihrem Mann Albert Warmuth
Eva Warmuth ist die zweite Initiatorin des Seedling-Projekts. Als Künstlerin und Biobäuerin beschäftigt sie sich seit Jahrzehnten mit einer Symbiose aus natürlichen Gegebenheiten und künstlerischen Aspekten. Durch ihre beiden Aufgabenfelder und ihre berufliche Erfahrung knüpft sie die Verbindung zur Erde und zum Leben – mit ihren Händen und für die Augen der Betrachterinnen und Betrachter.
Gemeinsam mit Ihrem Mann Albert Warmuth bewirtschaftet sie im unterfränkischen Wargolshausen vom ersten Strohhaus Deutschlands aus die Felder und den Hof— mit Sonderkulturen wie Hokkaido-Kürbissen, Knoblauch oder Basilikum. Bei Ihren freien Werken arbeitet die Erd- und Pflanzenkünstlerin die Themen der Landwirtschaft weiter, gibt Ihnen Raum und schafft so völlig neue Blickwinkel.
Der Biohof Warmuth ist für das Seedling-Projekt und für die Reise durch Deutschland unser zentraler Punkt. Am Hof und in Evas Atelier wird für das Projekt geprobt und gedacht, Videos gedreht und Pläne geschmiedet. Das Strohhaus ist unsere Basis, von wo aus der Seedling-Idee ein einmaliges Projekt entstand.
26.02. – 01.03.21: Der erste offizielle Termin von Seedling on Tour mit Teambuilding, Vorarbeit, Planung
Strohhaus Albert & Eva Warmuth, Öhnbergstr. 20, 97618 Wargolshausen
Eva stellt das Strohhaus vor: Das Strohhaus Warmuth heißt Strohhaus, weil es tatsächlich komplett aus Strohballen von unseren eigenen Äckern gebaut wurde. Unsere Idee war etwas zu bauen, das wieder in den Naturkreislauf zurückkehren kann. Bevor es die Baustoffindustrie gab, haben Bauern immer ihre eigenen Ressourcen zum Bauen genutzt. Die Wärmedämmung ist natürlich einmalig und entspricht dem Passivhausstandard – und das mit ganz natürlichen Baustoffen.
Schon bevor das Strohhaus fertig gebaut wurde, waren bei uns Warmuths Kunst und Landwirtschaft eng verbunden. In unser neues Strohhaus wurde diese Verbindung gleich mit eingearbeitet und existiert sichtbar nun seit dem Jahr 2000, wie die Frauenskulptur an der Hauswand zeigt.
Das Strohhaus liegt eingebettet in eine uralte Kulturlandschaft, das Grabfeld in der Rhön. Landwirtschaftlich gesehen gehört diese Landschaft nicht zu den Gunstlagen. Die Ansäßigen mussten sich schon immer etwas einfallen lassen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Deshalb gibt es hier so viele innovative Menschen.
Auch wir lassen uns immer wieder etwas Neues einfallen, zum Beispiel neue Früchte, die mit den Wetterkapriolen zurecht kommen, neue Anbaumethoden und vor allem auch neue Kunst.
So sieht der Hof im Herbst aus, wenn die vielen Hokkaido-Kürbisse geerntet werden. Sie werden zum Abreifen in die Sonne gestellt und das ganze Gelände ist voll davon. Jeder einzelne Kürbis wird von Hand abgeschnitten und in diese Boxen gelegt. Es ist ein arbeitsreicher und langer Weg, bis der Kürbis bei Euch auf den Tellern landet.
Im Strohhaus kann man die Welt aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. So gibt es einige kreisrunde Fenster, die wie ein überdimensioniertes Auge über die weiten Felder der Rhön blicken. Hier lässt es sich sinnieren und Ideen entwickeln.
Im Eingangsbereich des Strohhauses sind immer einige Arbeiten von mir sichtbar – Skulpturen und Bilder. Als Künstlerin interessieren mich die Themen der Landwirtschaft und natürlich auch die Menschen.
Das blaue Bild heißt Sternentor. Es zeigt eine Frau, die mit ihrem Arm ein Tor bildet, durch das Sterne einströmen. Es erzählt von unserer Arbeit in der Landwirtschaft. Wir arbeiten mit der Erde und genauso mit den Himmelskräften.
Eine Auswahl der laufend wechselnden Exponate in Evas Kunstausstellung direkt auf dem Hof
Die Vorbereitungen liefen bereits ab dem Zeitpunkt, als wir hörten, dass unser Projekt im Rahmen von Neustart Kultur vom Fonds Darstellende Künste Berlin gefördert werden würde. Das war im Februar 2021. Der eigentliche Startschuss unseres Abenteuers fiel dann im April 2021 bei eisigkalten Temperaturen.
Dementsprechend waren die Umstände, wie Eva es in diesem Video anschaulich erklärt, nicht besonders rosig. Aber wie es so ist – wenn wir mit dem gehen, was IST, kommen ganz neue und meist stimmigere Ergebnisse heraus.
Eva: Der Abfall auf einem Bauernhof ist ein unendliches Ressourcenlager. Dieses kann beispielsweise zum Ausgangsmaterial für wunderschöne Kunstwerke werden. Für unseren Hof habe ich ein Kulturschutzvlies zu einem gelben Wunderwerk umgearbeitet. Diese Vliese brauchen wir im Betrieb um unsere Pflanzen, vor allem empfindliche Kulturen wie Basilikum, vor allzu starken Wetterschwankungen zu schützen. Die Kultur wird abgedeckt und unter dem Vlies bildet sich ein Kleinklima, das z.B. dem Basilikum besonders gefällt, denn er kommt aus dem Süden und mag es gerne warm. Wenn dann zu viele Rehe oder Wildschweine drüber gelaufen sind und dort Löcher hinterlassen haben, landet das Vlies im Müll oder aber bei mir im Atelier.
Im Projekt SEEDLING nutze ich das Vlies um darauf zu malen und riesige Fahnen zu gestalten. Jeder Hof bekommt eine eigene Farbe und eigene Motive. So kann ich die Energie des Hofes in Malerei ausdrücken und wenn wir später in einem Theater oder anderen Aufführungsorten sind, können wir die spezifische Kraft der jeweiligen Höfe dorthin mitnehmen.
Das gelbe Vlies-Tuch habe ich für unseren Hof gemalt. In das Gelb ist in einer zweiten Gestaltungsebene das Wurzelbild des Kürbisses gemalt, der eine Hauptkultur unseres Hofes darstellt. Und weil wir hier so viele Kürbisse anbauen, sind es die Wurzeln des Hokkaido-Kürbis. Die Farbe Gelb steht für das Licht und die Strahlkraft, das diese Pflanze in der Sommersonne sammelt und in die Früchte einlagert. Wenn wir dann im grauen Alltag des Spätherbstes Kürbissuppe essen, strahlt uns dieses ganze Licht entgegen. Wir essen nicht nur das Stoffliche, sondern auch das Sommerlicht.