Biokräuterhof – Heilsbronn
Unser SEEDLING Hof Nummer 2
„Bühne auf“ für unseren zweiten SEEDLING–Hof: den Biokräuterhof Annette und Johannes Heidingsfelder.
Auf über 73 Hektar bauen Annette und Johannes dreizehn verschiedene Arzneipflanzen–Sorten an.
Am Biokräuterhof in Heilsbronn anzukommen ist eine Überraschung. Die Umgebung des Hofes ist so anders als der Hof selbst. Wir fahren durch ein normales Baugebiet am Rande der Stadt mit kleinen überschaubaren Vorgärten.
Und dann taucht mit einem Mal der Biokräuterhof auf:
Hier wird gearbeitet – mit Pflanzen und Erde, mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen.
Wir werden herzlich von den wunderbaren Bewohnern aufgenommen: von den Betriebsleitern Annette und Johannes Heidingsfelder, ihren Kindern Johanna, Jakob, Jan, Jonathan und vielen helfenden Händen.
BäuerInnen und GärtnerInnen versuchen alles so zu gestalten, dass das Samenkorn optimale Bedingungen zum Keimen hat. Manche Bedingungen sind vom Menschen beeinflussbar, wie beispielsweise die Erde im Saatbeet, die am besten fein–krümelig sein sollte. Der richtige Zeitpunkt für die Saat ist auch von natürlichen Bedingungen abhängig, wie der Bodentemperatur. Im Rahmen des Keimprozesses gibt es viele Aspekte zu beobachten und zu beachten. Gleichzeitig verfügt jeder Mensch über ein intuitives Wissen und Gespür, was die kleinen Pflanzen wie, wo, wann brauchen.
SEEDLING heißt Keimling oder Jungpflanze. Unser Performance-Projekt beschreibt also den Prozess, den ein Same durchläuft, um eine Pflanze zu werden.
Wenn man genau hinsieht, schiebt die Wurzel sich zuerst in den Boden und der Keim bricht förmlich die Erde auf, wie eine Art der Geburt.
Annette sagt, sie riecht, was auf dem Acker wachsen kann. Das ist das was uns im Projekt SEEDLING besonders interessiert.
GärtnerInnen und BauernInnen haben eine Wahrnehmung jenseits von messen, zählen, wiegen.
Annette riecht was ihr Acker will.
Geht das denn, oder sind das nur Worte die beschreiben, dass es in der Begegnung mit Pflanzen ganz andere Möglichkeiten der Wahrnehmung gibt, für die es vielleicht noch nicht einmal adäquate Worte gibt?
Dann werden bekannte Worte verwendet um zu beschreiben, dass eine intuitive Begegnung mit der Erde und mit Pflanzen stattfindet.
Vielleicht ist es genau diese Qualität der Wahrnehmung, die gebraucht wird um eine Veränderung unseres Umfeldes zu ermöglichen, ein tiefer gehen, ein Lauschen und ein Wahrnehmen was all die anderen Wesenheiten sich von uns Menschen wünschen.
Wir entdecken die Heilpflanze Pulsatilla: Unsere ersten Arbeiten und Proben finden bei Heidingsfelders auf dem Biokräuterhof inmitten eines riesengroßen Pulsatilla–Feldes statt. Auf unseren Fotos ist der volle Samenstand zu sehen und nicht die Blüte.
In unseren Proben und Performances erforschen wir:
Die von Annette Heidingsfelders Vater Walter Sturm selbst gebaute, höchst originelle Waschanlage für Kräuterwurzeln am Biokräuterhof in Heilsbronn war für uns eine Riesenentdeckung.
Und auch hier begegnet uns wieder die Erkenntnis, dass Bauern unglaublich kreativ und innovativ sein müssen und im Grunde wie Künstler arbeiten. Gerade für den delikaten Bereich des Aufbereitens der Pflanzen für den Verkauf müssen entsprechende Maschinen häufig selbst erfunden werden.
Diese Location ist für uns Outdoor-Atelier, Interview-Studio und Performanceort.
Jede von uns ist auf ihre Weise inspiriert von der Originalität der Maschine, die sich dahinstreckt wie ein Riesendrache und künstlerisch irgendwo zwischen Lummerland und Jean Tinguely anzusiedeln ist.
Silke tanzt den kompletten Waschprozess, den möglicherweise eine Pflanze in dieser Maschine erleben könnte.
Anja Günther gibt der Kräuterwurzel–Waschanlage vom Biokräuterhof Heilsbronn eine „Stimme“. Sie vollzieht musikalisch den Weg der Pflanzen durch die Maschine nach, während Eva am selben Ort das überdimensionale Ackervlies-Gemälde anfertigt.
Evas Hauptarbeitsplatz auf dem Biokräuterhof war hinter der großen Scheune: dort, wo wie ein riesiges Ungetüm aus viel Metall, eine der wichtigsten Maschinen des Hofes, steht. Eine Waschanlage, die das Erntegut, vor allem die Wurzeln von Heilkräutern, säubert. Die „Kräuerwurzel-Waschmaschine“ wurde von Annettes Vater erfunden und gebaut und ist noch immer im Einsatz.
Hier nehmen Annette und Johannes im Thron Platz und erzählen über die Hintergründe zu ihrer Arbeit. Unser Thron steht für die Ehre, die wir den Menschen erweisen möchten, die in so hingebungsvoller Weise mit Pflanzen arbeiten und deren Überleben sichern. Waren BäuerInnen und GärtnerInnen in der Vergangenheit oft nur eine Ressource für die Mächtigen in der Gesellschaft, so wollen wir diese Sichtweise umdrehen. Wir ehren die Menschen, die unter ausdauerndem Einsatz im Einklang mit der Erde arbeiten. Dafür wird unser goldener Thron an besondere Plätze gestellt und geschmückt.
Bei Annette und Johannes blühen gerade die Weißdorn-Hecken, die zahlreiche Felder umranden. Bei strahlendem Sonnenschein finden hier alle möglichen Insekten Nahrung, und weil alles zusammen gehört – wild wachsende Pflanzen, Insekten, Heilkräuter und wir Menschen – verwendet Eva diese wunderbar blühenden Zweige als Schmuck für unseren Thron. In dieses Geflecht werden als Krönung Stengel der Heilpflanze Pulsatilla gesteckt. Zu den Füßen legt Eva einen Teppich aus vielen verschiedenen Sommerblüten.
Die einfühlsame, liebevolle, anhängliche Pulsatilla.
Silke und Anja in einem spontan entstandenen „Schamanen-Tanz“.
Tuschelnde, aufgeregte Pulsatillen 😉
Silkes Reflexion zur Arbeit auf dem Biokräuterhof
Eva: „Dieses Vlies ist das größte Gemälde, das ich jemals gemacht habe. Es sind ungefähr 60 qm Malerei. Während unseres Aufenthaltes ist es innerhalb von mehreren Tagen entstanden.
Für jeden Hof wähle ich eine Grundfarbe. Farben haben einen direkten Bezug zu unseren Emotionen und setzen sofort ein deutliches Zeichen. Die Farbe Pink in Kombination mit einem leuchtenden Orange hat für mich einen starken „Hüll–Charakter“. Assoziationen von Haut und Umarmung kommen mir in den Sinn.
Auf dem Biokräuterhof gibt es die Pflanze Echinacea (auch Sonnenhut genannt) als eine der Hauptkulturen. Dieser Pflanze werden Immunstärkende Eigenschaften zugeschrieben. So war sie in Zeiten von Corona bei vielen Menschen sehr beliebt. Mit ihrer wunderschönen purpurnen Farbigkeit passt sie hervorragend in das gemalte Bild. Da wir auf dem Biokräuterhof vor allem mit den Samen der Pulsatilla arbeiten, finden sie sich auch im Gemälde wieder.
Mir selbst hat das Malen dieser enormen Fläche große Freude bereitet. Es ist wie ein Rausch und mit jedem Tag wird das Gemälde schöner und dichter.“
Eva: „Das Vlies wird aus dem Fenster gehisst. Vollends verändert wird das Vlies, wenn es nicht mehr am Boden liegt, sondern wenn es zur Fahne wird. Die ganze Schönheit zeigt sich immer neu durch die Bewegung, die der Wind ins Gewebe bringt.“