Saatgut – Lexikon

Hier entsteht ein kleines Nachschlagewerk
zu Begriffen und Hintergründen

Saatgut – Lexikon

Ein lebendiger Boden duftet!

Saatgut – Lexikon
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Als ich, Silke, begonnen habe, mich mit Landwirtschaft und Saatgut zu beschäftigen,
bin ich auf viele Begriffe gestoßen, die mir neu waren. Vielleicht geht es Dir auch so.

Einige Begriffe und Phänomene werden wir hier erklären und im Laufe unserer Reise unser Saatgut Lexikon füllen.

Stell uns gerne Deine Fragen auf Social Media oder per E-mail, und wir antworten Dir hier!

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Der Boden – die Erde

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Die Gare:

  • Was ist eine Gare?
  • Eine Gare ist ein sehr schöner fein krümeliger Boden. Wenn man ihn in die Hand nimmt, zerfällt er in kleine einzelne Krümel. Das ist besonders wichtig für für die Saat. Denn unter Bauern sagt man: „wie die Saat gelingt, so gelingt auch die Ernte“. Im biologischen Landbau hat das eine sehr große Bedeutung. Alle Nährstoffe werden über das Wasser, das in den Kapillaren des Bodens mit Hilfe der Sonne auf und absteigt, für die Pflanzen verfügbar gemacht. Wenn der Boden sehr verdichtet ist, kann die Saat nicht aufgehen. Das ist, wie wenn man versuchen würde, die Strasse zu säen. Unsere Landschaft besteht aus vielen unterschiedliche Böden, z.B. solche mit hohem Lehmanteil. Wenn der Acker in diesem Fall durch eine zu frühe Bearbeitung verdichtet oder gepresst wird, kann es passieren, dass jahrelang kein normales Wachstum stattfindet .
  • Die Frostgare
  • Hier können sich die Bauern die Natur zu nutzen machen. Im Herbst wird nach der Ernte Bodenbearbeitung gemacht. Dadruch bleibt die Erde in groben Schollen über den Winter liegen. Sobald der Frost kommt, gefriert das Wasser in den Schollen und diese zerfallen in feine Krümel.
  • Die Wurzelgare
  • Der Begriff Wurzelgare ist gleich zu setzen mit dem Begriff lebend verbaut. Durch einen intensiven Pflanzenbewuchs wird der Boden zu einem Schwamm und kann Wasser sehr gut aufnehmen. Siehe Interview Dietmar.
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  • Die Wasserhaltekraft des Bodens
  • Dietmar May (Biohof May, Junkershausen | Rhön Grabfeld) spricht im Interview über die Wasser-Haltekraft des Bodens. Hier gibt es den Fachbegriff: Lebend verbauen. Das bedeutet, dass man nach der Ernte eine Zwischenfrucht ansät. Diese Pflanzen haben eine enorme Wurzelkraft. Mit ihren Wurzeln dringt die Zwischenfrucht in Bodenschichten ein, in die Bauern mit den stärksten Bodenbearbeitungs-Maschinen nicht gelangen . Eine bedeutende Forscherin auf diesem Gebiet ist Frau Dr Lore Kutschera. Sie hat ihr ganzes Leben lang Wurzeln ausgegraben, um zu sehen wie tief sie in die Erdschichten eindringen können . Diese Wurzelbilder hat sie dokumentiert und damit in das Bewusstsein von BäuerInnen und GärtnerInnen gebracht. Ein Boden der lebendig verbaut ist, hat eine enorme Kapazität Wasser zu speichern. Er ist wie ein Schwamm und kann so in besonderer Weise Bodenerrosion durch starke Regenfälle verhindern.

Samenfestes Saatgut

  • Wenn ein Samen über viele Generationen in seiner Gestalt stabil bleibt, nennt man das samenfest. Die Pflanze hat dabei die natürliche Fähigkeit ihr gesamtes Pflanzenleben zu gestalten. Dazu gehört Wurzeln auszubilden, das Keimen, die Blattentwicklung, die Blüte und Befruchtung, die Fruchtbildung und final die Samenbildung. Die Pflanze vollendet einen vollkommenen Kreislauf bis wieder zahlreiche Samenkörner entstehen und der Prozess von Neuem startet. Durch moderne Züchtungstechniken sind diese Kreisläufe unterbrochen.
  • Pflanzen werden bis auf die Zellebene in ein bestimmtes Wachstum gezwungen um z.B. mehr Ertrag zu generieren, aber auch um Bauern und Gärtner an die entsprechende Saatgutfirma zu binden. Die Autonomie der Erzeuger geht dabei verloren und durch die Strukturen großer Firmen wird der Schwund der Artenvielfalt beschleunigt.
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Saatgut – Kulturgut

Als einst Menschen aus Europa nach Nordamerika einwanderten und sich dort das Land aneigneten, indem ein Grenzstein gesetzt und damit der Anspruch auf Eigentum erhoben wurde, konnten die dort lebenden Ureinwohner (von den Europäern „Indianer“ genannt) mit ihrem Naturverständnis die späteren Folgen dieses Verhaltens noch nicht einmal erahnen. 

In Sachen Saatgut sind wir selbst die „Indianer“. Wir können heute nicht ermessen, was es tatsächlich bedeutet, wenn Saatgut, das als Kulturgut über Jahrhunderte von Hand zu Hand gereicht wurde, plötzlich Privateigentum eines Konzerns wird. Wenn das passiert, wird ein Jahrtausende währender Entwicklungsstrom abgebrochen. Die bestehende Vielfalt erfährt dabei eine enorme Eingrenzung, denn das Interesse der Konzerne gilt geschlossenen Wertschöpfungsketten, die jeden Nutzer immer wieder zum Kauf neuen Saatguts zwingen. Es besteht kein Interesse daran, dass Bauern und Bäuerinnen oder GärtnerInnen ihr eigenes Saatgut erzeugen.

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Saatgut ist Kulturgut und gehört als solches geschützt, damit es der Menschengemeinschaft für die Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung steht und sich in einem lebendigen Prozess an die Bedürfnisse der Menschen und Landschaften anpassen kann. Nur dadurch kann Vielfalt entstehen und erhalten werden. 

Diversität

Nur in der Welt der samenfesten Sorten gibt es eine so große Diversität. Dieses breite Spektrum ist ein notwendiger Pool um vielfältiges, hochwertiges, individuelles Gemüse anbieten zu können, das unter verschiedensten Bedingungen wachsen kann und um neue samenfeste Sorten zu züchten. Durch diese Art der Züchtung ist über Jahrtausende die bunte Vielfalt unserer Kulturpflanzen entstanden.

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NATÜRLICHER PROZESS DER BEFRUCHTUNG DURCH INSEKTEN

Die Gärtner:Innen im ökologischen Landbau möchten am liebsten samenfeste und ertragreiche Sorten haben, die in der Lage sind sich an die jeweiligen Standorte anzupassen. Dabei werden die meisten samenfesten Sorten durch Insekten bestäubt. Das sind altbewährte Methoden, die fruchtbare, gesunde und wohlschmeckende Ergebnisse bringen.

Man kann sich die Entstehung einer samenfesten Sorte wie einen kraftvollen Stammbaum vorstellen.

CMS – Züchtung

In der modernen, konventionellen Züchtung wird bei vielen Pflanzen außerdem ein Verfahren angewandt, das im Umfeld der Gentechnik entwickelt wurde, jedoch nicht als Gentechnik bezeichnet wird.

Es handelt sich dabei um die sogenannte CMS-Züchtung. CMS ist die Abkürzung für “cytoplasmatische männliche Sterilität”. In eine der beiden Kreuzungslinien wird vor der Befruchtung die männliche Sterilität in das Cytoplasma der Zelle eingebaut. Sie ist dann nicht in der Lage fruchtbaren Pollen zu bilden und ist somit unfruchtbar. Damit kann nur eine der beiden Kreuzungslinien männliche Samen ausbilden. Was zunächst wie ein Vorteil aussieht, wird im ökologischen Landbau sehr kritisch betrachtet, da sich nur die Eigenschaften von einer Linie vermehren werden.

Die beiden Verfahren stellen einen extrem großen Eingriff in ein bestehendes System dar.

Die Züchter- und Vermehrungsstandorte, die wir auf unserer SEEDLING–Tour besucht haben, wünschen sich leistungsstarke, samenfeste Sorten und sie setzen sich praktisch und politisch dafür ein.

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Früher hielten Bauern einen Teil ihrer Ernte zurück, um Saatgut für das nächste Jahr zu haben.

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Heute konzentriert sich die Saatgut-Herstellung auf wenige multinationale Konzerne, die in enger Verbindung zur chemischen Industrie stehen und selbst global agierende Chemiekonzerne sind. Die Biotechnologie verlagert die Pflanzenzüchtung ins Labor; mit fragwürdigen gentechnischen Methoden wird um die Vormachtstellung am Markt gekämpft: immer mehr Sorten werden heute patentiert.

Dadurch haben sich Hybrid-Züchtungen oder gentechnische Verfahren als Züchtungsmethode beim Saatgut durchgesetzt. Bestimmte Merkmale einer Pflanze werden dabei durch Kreuzungen verstärkt. So erzielt die erste Generation überdurchschnittlich gute Ergebnisse. Dieses Saatgut kann aber nicht wieder ausgesät werden, weil es seine Homogenität verliert und die nächste Generation keine Erträge bringt.

Moderne Züchtungen, sogenannte CMS-Hybriden, lassen sich gar nicht vermehren, denn die männliche Sterilität verhindert die Fruchtbarkeit. (Dietmar May von unserem ersten SEEDLING-Partnerhof, dem Biohof May, brachte bereits die abnehmende Fruchtbarkeit bei uns Menschen mit unserer degenerierten Nahrung in Verbindung.)

Dahinter steckt eine gnadenlose Geschäftsidee: patentiertes, unfruchtbares Saatgut, das immer wieder neu gekauft werden muss. Ökologisch gezüchtetes Saatgut dagegen ist für die Vermehrung geeignet. Daher spricht man von sogenannten samenfesten Sorten.

Nur mit samenfesten Sorten können Biobetriebe ihr eigenes Saatgut gewinnen und regional angepasste Sorten entwickeln.

Mit dem Projekt Saat:gut e.V. hat der Christiansen’s Biolandhof bereits 2009 ein eigenes Züchtungsprojekt gestartet, um dieser bedenklichen Entwicklung entgegenzuwirken. Heinz-Peter Christiansen und Barbara Maria Rudolf züchten neue samenfeste Sorten für Blumenkohl, Brokkoli, Pastinaken, rote Beete und Möhren.

(u.a. aus Bio-Saatgut von www.saat-gut.org, Grell Naturkost)

Winterschutz

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Manchmal werden wir Menschen von Außen zu einem Rückzug „gezwungen“, z.B. durch eine Krankheit. So hat es mich, Silke, im Dezember 2021 erwischt und ich habe mich ganz dem Gesunden, Einigeln und Überwintern gewidmet… Man sagt solchen Phasen auch nach, dass sie uns gestärkt und mit neuer Energie, gelegentlich sogar transformiert wieder auftauchen lassen. So verzögerte sich unsere Erzählung ein wenig…

„Pflanzen können als Samen überwintern. So betreiben sie Vermehrung und Winterschutz in einem. Samen bestehen meist aus der Samenschale, einem Nährgewebe und dem Embryo, der unterschiedlich weit entwickelt sein kann. Je nach Samentyp ist das Nährgewebe von anderer Natur. Samen von Leguminosen wie Bohnen (Vicia), Erbsen (Pisum) und Linsen (Lens) sind proteinreich. Die Samen von Getreide wie Weizen (Triticum) oder Hafer (Avena) und Laubbäumen wie Eiche (Quercus) und Esskastanie (Castanea) speichern Energie vor allem in Form von Stärke. Einige Samen, wie die Haselnuss (Corylus) und die Walnuss (Juglans), bilden Samen mit Fett als Speicherkörper. Kein Wunder, dass wir Menschen viele dieser Samen als Nahrung nutzen. Auch in Samen wird das Nährgewebe nicht nur für den Schritt ins Leben, also die Keimung, genutzt, sondern auch für eine stark reduzierte Zellatmung.“ (aus www.plantura.garden)

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